Der BGH hat mit am 17.10.2014 (V ZR 9/14) entschieden, daß bei sofort notwendigen Sanierungsmaßnahme keine Rücksicht auf Finanzprobleme genommen werden darf. Er hat darüber hinaus entschieden, daß die Wohnungseigentümer und nicht der Verband auf Schadenersatz für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen haftet.
In einem 1995 nach den Vorschriften des WEG aufgeteiltem Haus befinden sich drei Wohnungen. Die Kellerwohnung wurde von der Klägerin im Jahr 2002 unter Ausschluß der Sachmängelhaftung erworben. Seit dem Jahr 2008 weist die Wohnung einen Feuchtigkeitsschaden auf und war inzwischen unbewohnbar geworden. Ursache dafür sind in erster Linie Planungsfehler bei dem Umbau der Keller- in Wohnräume durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin.
Nachdem zunächst das Amtsgericht die Beklagten verurteilt hatte, die Kosten der Sanierung durch Sonderumlage zu tragen und Schadenersatz zu zahlen, hat das LG auf Berufung die Entscheidung des AG aufgehoben. Maßgeblich für die Entscheidung des Berufungsgerichts war, daß die Kostenbelastung die Opfergrenze überschreite mit der Folge, daß die Klägerin die Sanierung nicht verlangen könne und daß Schadenersatzansprüche nicht bestünden. Die dagegen eingelegt Revision war erfolgreich.
Sanierungserfordernis bei Unbewohnbarkeit – (C)Thorben_Wengert/pixelio.deDer BGH: Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.
Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlußfassung über die sofortige Vornahme sofort notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadenersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
Die Entscheidung ist sonnenklar, sie ist aber auch von weitreichender Bedeutung und wird künftig sicherlich dazu führen, daß Schadenersatzprozesse wegen der Folgen baulicher Mängel zunehmen.
Der BGH setzt sich zunächst mit den Rechtsfragen zur Instandsetzungspflicht auseinander. Er bestätigt dabei grundsätzlich seine bisherige Auffassung:
a) Zu der ordnungsmäßigen dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört gem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG insbesondere die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
b) Allerdings haben die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum. Sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.
c) Sie sind berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen zurückzustellen.
Neu ist indes:
d) Ist jedoch die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, so entspricht nur ihre Vornahme billigem Ermessen; in diesem Fall hat ein einzelner Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Durchführung gemäß § 21 Abs. 2 (das Ermessen der Wohnungseigentümer reduziert sich also auf Null). Insbesondere finanzielle Schwierigkeiten (oder das Alter) einzelner Wohnungseigentümer geben kein Raum, den v.g. Anspruch zu stoppen. Die Anerkennung einer individuellen Opfergrenze wäre mit Sinn und Zweck des § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. WEG unvereinbar, so der BGH, weil dies der notwendigen Erhaltung von Wohnungseigentumsanlagen zuwiderliefe.
Sanierungspflicht bei unabschiebbaren Maßnahmen – (c) by_MG/pixelio.de
Die Instandsetzung von konstruktiven Teilen des Hauses, dient dem Gebrauch aller Wohnungseigentümer, selbst wenn eine Sanierung in erster Linie nur einem Wohnungseigentümer zugute kommt. Für die Kostenverteilung ist allein § 16 Abs. 2 WEG maßgeblich, eine Kostenverteilung nach § 16 Abs. 4 WEG (Einzelfallentscheidung für abweichende Kostenverteilung) ist nicht möglich.
Der BGH stellt klar, daß für den Schaden nicht der Verband aufzukommen hat, sondern allein die Wohnungseigentümer. Ersatzpflichtig sind diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben. Das gelte jedenfalls dann, wenn nur die sofortige Vornahme einer bestimmten Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und diese von einem Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG verlangt wird, der andernfalls Schäden an seinem Sondereigentum erleidet.
In diesem Fall ergebe sich eine Mitwirkungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer aus der gegenseitigen Treuepflicht. Unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 sind diejenigen Wohnungseigentümer zum Schadenersatz verpflichtet, die sich mit ihrem Abstimmungsverhalten nicht auf die Seite des Anspruchstellers gestellt haben.