Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich, so begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung (Ansichziehen gemeinschaftsbezogene Ansprüche | BGH Urteil vom 05.12.2014, V ZR 5/14).
In einer Wohnungseigentumsanlage wird Prostitution gewerblich ausgeübt. Dadurch wird das Gemeinschaftseigentum in Gestalt von Lärmbelästigung und Verschmutzung von Treppenhaus und Fluren beeinträchtigt. Indirekt – so wurde weiter vorgetragen – werde auch der Wert des Sondereigentums negativ beeinträchtigt.
Die Wohnungseigentümer haben beschlossen, »dass die ihnen aus ihrem Eigentum zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der gewerbsmäßigen Prostitution im Objekt gemeinschaftlich durch den Verband geltend gemacht werden sollen.
Einem Wohnungseigentümer ging es nach der Beschlussfassung wahrscheinlich nicht schnell genug, jedenfalls klagte er gegen den störenden Eigentümer mit dem Ziel es zu unterlassen, die Wohnung zum Betrieb eines Bordells oder zur sonstigen Ausübung der Prostitution zu nutzen oder nutzen zu lassen. Die Klage des einzelnen Wohnungseigentümers wurde sowohl vom AG als auch vom LG als unzulässig verworfen. Die Revision bliebt erfolglos.
Prostitution in einer Eigentumswohnung führt zu Beseitigungs- und Unterlassungansprüchen – Image(s) licensed by Ingram Image
Der BGH bestätigt zunächst, dass einem Wohnungseigentümer bei einer Eigentumsbeeinträchtigung ein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB zusteht. Dass das bei der Ausübung der Prostitution in einer Wohnungseigentumsanlage der Fall ist, steht außer Frage.
Im nächsten Schritt stellt der BGH fest, dass für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum (anders als bei Schadenersatzansprüchen, hier geborene Ausübungsbefugnis!) keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbandes gem. § 10 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 besteht. Sonst hätten die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche von vornherein nur vom Verband geltend gemacht werden können.
Der BGH bestätigt im nächsten Schritt seine ständige Rechtsprechung, nach der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung am Gemeinschaftseigentum einen Gemeinschaftsbezug haben, und dass die Gemeinschaft sie deshalb gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Beschluss an sich ziehen kann. Hierfür reicht es – so der BGH – schon aus, »dass die Rechtsausübung durch den Verband förderlich« ist. Der Verband macht die Ansprüche dann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend (gekorene Ausübungsbefugnis).
Wenn der Verband nach dem Ansichziehen im eigenen Namen vorgehen kann, ist ein einzelner Wohnungseigentümer für eine Klage mit diesem Streitgegenstand nicht mehr prozessführungsbefugt. Das ist in dieser Klarheit erstmals höchstrichterlich entschieden. Nichts anderes gilt für den Fall, dass ein einzelner Wohnungseigentümer schon vor dem Ansichziehen eine Klage mit demselben Streitgegenstand anhängig gemacht hat. Die Prozessführungsbefugnis entfällt mit dem Mehrheitsbeschluss, die Klage wird dann unzulässig.
Der BGH begründet seine Entscheidung mit mehreren Gesichtspunkten.
Die Entscheidung lässt zwei Probleme zurück, deren Lösung noch interessant werden wird.